Schriften zum Risikomanagement

Univ.-Prof. Dr. Angelika May,
Univ.-Prof. Dr. Dietmar Pfeifer,
Univ.-Prof. Dr. Jörg Prokop,
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Taeger (Hrsg.)

Benjamin Seegmüller

Einrichtung und Prüfung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems in der Genossenschaft

Risikofrüherkennung ist eine wesentliche Leitungsaufgabe eines jeden Geschäftsleiters unabhängig von der Rechtsform. Mit § 91 Abs. 2 AktG und der korrespondierenden Prüfungspflicht des § 317 Abs. 4 HGB wurde Risikobewußtsein von Vorstand und Aufsichtsrat von großen Aktiengesellschaften geschärft. Während damit für die Rechtsform der Aktiengesellschaft explizit die Verpflichtung zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems und die Verpflichtung zur Prüfung des Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems gesetzlich normiert ist, drängt sich die Frage auf, warum die Rechtsform der Genossenschaft hier anders behandelt wird. Die Arbeit geht der Frage nach, ob der Vorstand einer Genossenschaft ebenfalls verpflichtet ist, ein System entsprechend § 91 Abs. 2 AktG zu implementieren und der genossenschaftliche Prüfungsverband die Einrichtung eines solchen Systems prüfen muss.

Der Autor prüft zunächst die Existenz einer eigenständigen Vorschrift, die dem Vorstand einer Genossenschaft explizit die Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems vorschreiben könnte. Anschließend wird die Anwendbarkeit der Vorgaben des § 91 Abs. 2 AktG bei der Genossenschaft untersucht, wobei die in der Gesetzesbegründung zum KonTraG aufgeführte sog. Ausstrahlungswirkung auf die Rechtsform der GmbH Beachtung findet. Anhand der aufgestellten Untersuchungsergebnisse ermittelt der Autor die praktische Relevanz der Anwendbarkeit der Vorgaben des § 91 Abs. 2 AktG bei der Genossenschaft und beantwortet die Sinnhaftigkeit und Möglichkeit einer solchen Anwendung. Zuletzt wird festgestellt, ob sich eine derartige Verpflichtung zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems bereits aus der Leitungsaufgabe gemäß § 27 GenG i. V. m. den Sorgfaltspflichten des genossenschaftlichen Vorstandes gemäß § 34 GenG herleiten lässt. Dabei erfolgt eine Unterscheidung nach den „allgemeinen“ Geschäftsleiterpflichten, die einen Unternehmensleiter unabhängig von der Rechtsform treffen und nach den besonderen genossenschaftlichen Geschäftsleiterpflichten, die sich aus der Besonderheit der Rechtsform der Genossenschaft ergeben. Bei der Herleitung einer solchen Verpflichtung erfolgen Überlegungen, die Pflicht zum (umfassenden) Risikomanagement aus der Leitungsaufgabe i. V. m. den Sorgfaltspflicht des Vorstandes einer Aktiengesellschaft (§§ 76, 93 AktG) abzuleiten, womit auch die Anwendung eines Geschäftsleiterermessens und der business judgement rule bei der Genossenschaft festgestellt wird.

Im zweiten Schwerpunkt wird untersucht, ob eine rechtliche Verpflichtung zur Prüfung des Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems vorliegt. Es wird geprüft, ob der Prüfungsverband zur Prüfung aufgrund einer ausdrücklichen Vorsschrift verpflichtet sein könnte und ob § 317 Abs. 4 HGB auch bei der Genossenschaft entsprechend Anwendung findet oder ob eine solche Verpflichtung zur Prüfung des vom Vorstand der Genossenschaft einzurichtenden Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems bei der genossenschaftlichen Prüfung aus § 53 Abs. 1 GenG herzuleiten ist.

Bd. 2, XIX, 297 S., Edewecht 2011, € 49,80
ISBN-13 978-3-939704-62-1

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